Stellungnahme zur Pressemitteilung der IHK Frankfurt vom 19. September 2025

Datum

Die IHK Frankurt äußert sich zur Zustimmung des Stadtparlaments zum Antrag Nr. 1013 vom 7. Oktober 2024 am 19. Oktober 2025 wie folgt

Antrag an die Stadtversammlung und Sachstand
Pressemitteilung der IHK

Die Stadt Frankfurt plant den Verzicht auf Strafanzeigen wegen Beförderungserschleichung (§ 265a StGB) im ÖPNV. Dies hält die IHK Frankfurt am Main für ein falsches Signal an die Berufspendler und anderen Nutzer des ÖPNV. Ulrich Caspar, Präsident der IHK Frankfurt am Main; „Schon heute erleben die Nutzer des ÖPNV – seien es Kunden, Berufspendler oder Touristen, die den Wirtschaftsstandort aufsuchen – eine wachsende Belastung durch vermehrte Präsenz von Drogenkranken und Obdachlosen in Bussen und Bahnen. Wenn Sanktionen für Schwarzfahren gesenkt werden, sinkt die Hemmschwelle für Regelverstöße noch weiter. Es ist vor allem zu befürchten, dass Busse und Bahnen insbesondere in der kalten Jahreszeit vermehr zum Verweilen aufgesucht werden. Das könnte dazu führen, dass sich immer mehr Menschen in Bus und Bahn unwohl oder unsicher fühlen. Wenn wir die Erreichbarkeit der Unternehmen durch ihre Kunden und Mitarbeiter und eine weitere Verlagerung des Verkehrs auf den ÖPNV erreichen wollen, um den Verkehrsfluss für die Wirtschaftsverkehre aufrechtzuerhalten, dann muss dieser attraktiv, sicher und zuverlässig sein. Diese Bagatellisierung konterkariert dieses Ziel. Aufenthaltsangebote für Drogenabhängige oder Obdachlose sollten an anderer Stelle geschaffen werden“ vor dem Hintergrund des mit Steuermilliarden subventionierten ÖPNV und der Diskussion über die Erhöhung der Preise für das Deutschlandticket ist diese Idee ebenfalls nicht nachvollziehbar. Es drohen weitere Einnahmeverluste für die Verkehrsunternehmen, die zulasten des Angebots gehen könne, aber auch für andere Wirtschaftsunternehmen.

Das konnte ich nicht so stehen lassen und habe mit folgendem Kommentar die Pressestelle der IHK angeschrieben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Erstaunen habe ich Ihre jüngste Pressemitteilung zur geplanten Entkriminalisierung des sogenannten „Schwarzfahrens“ zur Kenntnis genommen. Ihre Argumentation, der Verzicht auf Strafanzeigen sei ein falsches Signal an Berufspendler und Unternehmen, erscheint mir nicht nur unsachlich, sondern auch sozial unausgewogen.

Die Anwendung von Haft- oder Geldstrafen bei Beförderungserschleichung kriminalisiert vor allem arme und marginalisierte Menschen. Diese Sanktionen sind armutsdiskriminierend: Wer sich ein Ticket nicht leisten kann, wird durch Strafen noch tiefer in Notlagen gedrängt, ohne dass dadurch irgendein gesellschaftlicher Nutzen entsteht. Im Gegenteil – Gerichte und Justizvollzugsanstalten werden durch Bagatelldelikte belastet, die keinerlei Gefährdung für die Allgemeinheit darstellen.

Im Vergleich dazu ist etwa das widerrechtliche Blockieren von Behindertenparkplätzen oder Rettungswegen eine unmittelbare Gefahr für Menschenleben und Sicherheit – hier sind harte Sanktionen sinnvoll und notwendig. Schwarzfahren hingegen verursacht keine unmittelbare Gefährdung, sondern verweist vielmehr auf strukturelle Probleme: zu hohe Ticketpreise, fehlende soziale Angebote und unzureichende Unterstützung für Menschen in Armut.

Umso irritierender ist es, dass die IHK, anstatt sich für konstruktive Lösungen im Sinne einer sicheren und inklusiven Stadtgesellschaft einzusetzen, in Ihrer Mitteilung pauschal auf Obdachlose und Drogenabhängige verweist und diese Menschen stigmatisiert. Woher kennt die IHK die Gründe der Menschen ohne gültigen Fahrschein? Das trägt nicht zu Problemlösungen bei, sondern verstärkt gesellschaftliche Spaltungen. Die Aufgabe einer Handelskammer sollte es sein, Brücken zu bauen, für bessere Rahmenbedingungen einzutreten und für alle Menschen am Standort einzustehen – nicht, auf die Schwächsten einzuschlagen.

Daher frage ich Sie:
Warum befürwortet die IHK Frankfurt die Aufrechterhaltung diskriminierender Maßnahmen wie Haftstrafen für Schwarzfahren, statt sich für soziale Ausgleichsmechanismen, faire Finanzierung des ÖPNV und echte Sicherheitskonzepte einzusetzen?

Eine konstruktive Position wäre, den ÖPNV für alle bezahlbar und zugänglich zu machen, sodass das Ziel einer attraktiven, sicheren und zuverlässigen Mobilität erreicht wird – ohne Ausgrenzung und Stigmatisierung.

Wer dem noch etwas hinzufügen muss sei von mir herzlich eingeladen das an presse@frankfurt-main.ihk.de zu richten.

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